Rhone-Thur
Projekt
Modul IV: Synergien und flussbauliche Massnahmen (version française)
(Leiter: Dr. Jean-Louis Boillat, Wissenschaftlicher
Adjunkt LCH)
Gemäss der geltenden Hochwasserschutzphilosophie
des Bundes muss die Massnahmenplanung neben den
Hochwasserschutzdefiziten auch die ökologischen Defizite eines
Gewässers berücksichtigen. Die Wegleitung 2001
„Hochwasserschutz an Fliessgewässern“ empfiehlt ein systematisches
Vorgehen, welches die Gleichbehandlung aller Ansprüche des
Gewässers garantieren soll und eine einseitige Sichtweise
verhindert.
Das Modul IV möchte diese Bestreben mit
wissenschaftlichen Grundlagen unterstützen und mit praktischen
Empfehlungen erleichtern. In Vergangenheit war die flussbauliche
Forschung in erster Linie auf die Funktionalität der Massnahmen im
Hinblick auf den Widerstand gegenüber den
Strömungskräften sowie auf den Geschiebetransport
ausgerichtet. Im Gegensatz zu diesem traditionellen Ansatz, zielen die
vorgeschlagenen Subprojekte auch darauf ab, die Funktionalität von
flussbaulichen Massnahmen im Hinblick auf die Ökologie zu
gewährleisten und dies unter Ausnutzung der Synergien zwischen
Hochwasserschutz, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft.
Unter dem Leitmotiv „Flussbauliche Massnahmen im Dienste
des Hochwasserschutzes, der Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft“
bearbeitet das Wasserbaulabor der ETH Lausanne (Laboratoire de
Constructions
Hydrauliques (LCH – EPFL)) vier Subprojekte. Diese Subprojekte sollen
dazu beitragen, Synergien im Rahmen der 3. Rhonekorrektion nachhaltig
auszunutzen, indem die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit konkreten
Anwendungsbeispielen und Pilotstudien der wasserbaulichen Praxis
zugänglich
gemacht werden. Die Subprojekte sind wie folgt:
SP
IV-1:
Flussbauliche und wasserbauliche Massnahmen zur Verminderung von
Schwall- und Sunkerscheinungen infolge Kraftwerkbetrieb
SP IV-2: Verlandungsproblematik von als Naturreservat und Erholungsraum
gestalteten Überflutungsgebieten
SP IV-3: Einfluss von naturnah gestalteten Uferverbauungen auf
Geschiebetrieb und lokale Erosionserscheinungen
SP IV-4: Mögliche Synergien zwischen Hochwasserschutz und
Laufwasserkraftwerken
SP IV-1: Flussbauliche
und wasserbauliche Massnahmen zur Verminderung von Schwall- und
Sunkerscheinungen infolge Kraftwerkbetrieb
(Kontaktperson:
Tobias Meile, Doktorand LCH, tobias.meile@epfl.ch)
Das Abflussregime von zahlreichen Flüssen in den
Alpentälern wird durch den Betrieb von Speicherkraftwerken
beeinflusst. Diese produzieren den Strom zu Spitzenzeiten des Bedarfs
durch rasches Einschalten der Turbinen und verursachen dadurch Schwall-
und Sunkerscheinungen in
den Vorflutern. Es handelt sich dabei um schnell wechselnde
Abflussverhältnisse mit grossen Wasserspiegelschwankungen,
insbesondere in kanalisierten Flüssen, wie zum Beispiel der Rhone
im Wallis. Mit naturnah gestalteten, flussbaulichen Massnahmen wie
geschlängelten Uferlinien und Linienführungen, Buhnen,
lokalen Flussaufweitungen, verzweigten Gerinnen,... und wasserbaulichen
Massnahmen wie Rückhaltebecken und Seitenkanälen können
die Schwall- und Sunkerscheinungen abgeschwächt oder vermieden
werden.
Naturnah gestaltete Gerinne, wie sie im Rahmen der
Revitalisierungsprogramme an grossen Flüssen vorgesehen sind,
haben erfahrungsgemäss einen vermindernden Einfluss auf die
Schwall- und Sunkerscheinungen. Sie reduzieren die
Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Schwall- und Sunkwellen, da
Brechungen und Reflexionen zu vorteilhaften Interferenzen führen
können und da naturnah gestaltete Gerinne eine gewisse
Rückhaltewirkung aufweisen. Wissenschaftliche Grundlagen fehlen
jedoch um diese Phänomene zu quantifizieren.
Ziel des Subprojekts IV-1 ist es, mit systematischen
hydraulischen Modellversuchen und numerischen Modellierungen
herauszufinden, welche Wirkung naturnah gestaltete flussbauliche
Massnahmen auf instationäre Abflussvorgänge haben und wie
diese gestaltet werden müssen, um die grösstmögliche
Wirkung zu erzielen. Die daraus hervorgehenden Erkenntnisse
ermöglichen zudem den Vergleich der Wirksamkeit von
wasserbaulichen und flussbaulichen Massnahmen sowie deren Optimierung
betreffend ökonomischen und ökologischen Aspekten. Die
Resultate des Forschungsprojektes können einerseits im Rahmen der
3. Rhonekorrektion direkt umgesetzt werden, dienen anderseits aber auch
als Grundlage für zukünftige Revitalisierungsprogramme von
grösseren Flüssen.
SP IV-2:
Verlandungsproblematik von als Naturreservat und Erholungsraum
gestalteten Überflutungsgebieten
Da
der durchgehende Gerinneausbau vielerorts auf technische und
ökologische Grenzen stösst, müssen kontrollierte
Überflutungen von bestimmten Gebiete entlang des Flusses
zugelassen werden. Diese Überflutungszonen können mit ihrem
rückhaltenden Effekt auch die Hochwasserspitze merklich
reduzieren. Um Synergien mit neuen Naturreservaten und
Naherholungsgebieten auszunutzen, können solche ausgeschiedenen
Überflutungsgebiete auch als permanente Wasserflächen
ausgebildet werden. Bei stark schwebstofführenden Flüssen,
wie dies normalerweise für Flüsse in der Schweiz mit
vergletschertem Einzuggebiet der Fall ist, stellt sich die Frage
der Nachhaltigkeit solcher Überflutungsgebiete als Folge des
Verlandungsprozesses.
Die Rhone oberhalb des Genfersees ist ein
Gebirgsfluss mit einer ausserordentlichen Schwebstofffracht. Falls
grössere, als Naturreservate und Erholungsraum genutzte
Rückhaltebecken mit einer permanenten Wasserfläche in
Betracht gezogen werden, müssen innovative, geometrische
Anordnungen dieser Wasserflächen gesucht werden. Nur so kann
gewährleistet werden, dass diese Rückhaltevolumen mittel- und
langfristig nicht durch Schwebstoffe verlanden und so verloren gehen.
Solche Wasserflächen wären für das
Rhonetal im Wallis eine willkommene landschaftliche Bereicherung und
könnten auch die ökologische Vernetzung der noch vorhandenen
„Naturinseln“ erheblich verbessern. Neben dem Hochwasserschutz helfen
diese Überflutungsgebiete auch, die Abflussschwankungen infolge
des Betriebs der Speicherkraftwerke ausgleichen. Ziel des Subprojektes
IV-2 ist es, die Machbarkeit solcher während Hochwasser höher
aufgestauten und durchflossenen Überflutungsflächen
aufzuzeigen und Kriterien für die Gestaltung hinsichtlich der
Verlandungsproblematik zu definieren.
SP IV-3: Einfluss
von naturnah gestalteten Uferverbauungen auf Geschiebetrieb und lokale
Erosionserscheinungen
(Kontakperson:
Philippe Chèvre, Nachdiplomstudent LCH, philippe.chevre@epfl.ch)
Im Rahmen eines vor kurzem abgeschlossen
Forschungsprojektes wurde der Einfluss von an vertikalen Ufermauern
befestigten Makrorauhigkeiten (vertikale Rippen) auf die Kolke in
Kurven untersucht. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Rauhigkeit der
Ufer die Kurvenkolke erheblich reduziert. Diese aufschlussreichen
Ergebnisse können auch auf naturnah gestaltete Ufer, z. B.
geschlängelte rauhe Blockwürfe mit Buchten angewandt werden.
Ziel des Subprojektes IV-3 ist es, den Einfluss von naturnah
gestalteten Blockwürfen auf die lokale Erosion in Kurven und an
Prallufern sowie den Geschiebetrieb aufzuzeigen. Anhand von
Pilotstudien sollen praktische Hinweise für die Gestaltung gegeben
werden, um sowohl den hydraulischen als auch ökologischen
Anforderungen des Flusses gerecht zu werden.
SP IV-4: Mögliche
Synergien
zwischen Hochwasserschutz und Laufwasserkraftwerke
(Kontakperson:
Philippe Heller, Doktorand LCH; philippe.heller@epfl.ch)
Im Rahmen
einer Vorstudie für die Rhone wurden mögliche Synergien
zwischen Hochwasserschutz, Wasserkraft und ökologischer
Gerinneaufwertung untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei gewissen
Konzepten (Parallelgerinne, Überflutungsbereiche) ausserordentlich
interessante Synergien
möglich sind, welche wirtschaftlich und ökologisch zu
sogenannten
„Win-Win“ - Situation führen können. Ziel des Subprojektes
IV-4 ist es, die existierende Vorstudie zu vertiefen und anhand der
konkreten Konzeptvorschläge der 3. Rhonekorrektion diese Synergien
zu verdeutlichen sowie die Vernetzung der Einflussparameter
aufzuzeigen. Damit soll neben der Strategie auch eine
Entscheidungsgrundlage für den Kostenteiler eines solchen
Mehrzweckprojektes erarbeitet werden.
In einem wissenschaftlichen Teil werden
sämtliche technischen, ökologischen und
sozio-ökonomischen Einflussparameter des Mehrzweckprojektes und
deren Wechselwirkungen erarbeitet. Dies
erlaubt die kritischen Parameter zu identifizieren und Strategien zu
entwickeln, mit welchen die grösst möglichen Synergien
genutzt
werden können.
In einem anwendungsorientierten Teil wird in
Zusammenarbeit mit einem Industriepartner ein generelles Vorprojekt
für eine
erfolgversprechende Staustufe im Rahmen der 3. Rhonekorrektion erstellt.
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